0:41 Uhr, 29.05.2010

Das Projekt "VOM LUXUS DER STILLE" - warum?

Seit meiner frühen Kindheit liebe ich die Stille. Ich wuchs in einer sechsköpfigen Familie auf, in der es selten wirklich Stille gab. Wir hatten kein Fernsehgerät und so war ich oft auf der Suche nach anderen kleinen Welten, in die ich allein und voller Neugier mit meinen Träumen versank - in totaler Stille.
Ich liebte es, allein zu sein, Bücher zu lesen, Gedichte zu schreiben, zu malen, meine Tiere zu streicheln, im Garten Wildblumen zu entdecken, aus jungen Maiskolben Puppen zu gestalten und meiner Phantasie freien Lauf zu lassen.
Die Stille war mein Leben lang meine größte Inspirationsquelle und irgendwie auch ein kleines Stück Himmel auf Erden.
Ob nur die leisen Kinder das besondere an der Stille entdecken?
Ich war ein leises Kind, anders als die anderen, und ich suchte immer das Leise - die Stille. Sie war von Anfang an mein tiefes Bedürfnis, mein Schutzmantel und innige Begleiterin.
In der Stille begegne ich Gott und er mir in vielfacher Weise. Dort begegne ich meinem tiefsten Innern, dem hellen und dem dunklen, das angeschaut werden möchte.
Die Stille läßt mich klarer sehen und fühlen, sie stärkt mich und ermöglicht mir erst mein inneres Gleichgewicht zu halten. Ohne Stille kippt es ziemlich schnell.
All das waren gute Gründe, vor 10 Jahren den Impuls zu spüren, das Thema Stille in mein künstlerisches Schaffen beständig zu integrieren.
Neben anderen Themen gestaltete ich immer wieder im letzten Jahrzehnt Arbeiten zum Thema Stille.
Als ich 2008 in meiner Ausstellung in Venedig saß, in diesem lichtdurchfluteten Raum, an der Wand ein gekreuzigter Jesus ohne Kreuz unter einem herbstlichen Sonnenstrahl, spürte ich, daß es an der Zeit wäre, das Thema weiter zu vertiefen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Thema Stille ließ mich nicht mehr los, besonders der immense Verlust der Stille in unserer lauten, geräuschüberladenen Welt, in der man kaum mehr zur Ruhe kommt. Ich wollte auf die Sehnsucht vieler Menschen nach einem leisen Leben aufmerksam machen und die Notwendigkeit der inneren Einkehr - im besten Fall der Zuwendung zu dem Ursprung der Stille - Gott.
Für mich war die Stille immer das Atmen der Seele. Die Verbindung zum Wesentlichen - dem Ewigen.
Eine Kostbarkeit in zahlreichen Facetten, die nur der entdeckt, der sich bewußt Zeit dafür nimmt.
Ohne Stille verliere ich meine eigene Spur, bin orientierungslos und beladen.
In meiner Ausstellung „Des Menschen Sehnsüchte“ auf dem Ev. Kirchentag in Bremen 2009, in der ich auch eine kleine Vorschau auf das Thema „Vom Luxus der Stille“ gezeigt hatte, schrieb eine offenbar begeisterte Besucherin in mein Gästebuch: „Die Stille war spürbar!“.
So etwas auslösen zu können mit meinen gestalteten inneren Bildern war ein großes Geschenk für mich, mitten in einem Stimmen- und Geräuschgewitter, das ich im Alltag absolut meide, weil es nicht meinem Wesen entspricht.
Es würde mich sehr freuen, wenn jemand unter meinen sehr persönlichen Stille-Bildern auch den eigenen, individuellen Empfindungen begegnen könnte, vielleicht wie dem Spiegelbild eines Freundes, den man freudenvoll begrüßt nach langer Abwesenheit.

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